Antrag zur Sitzung des Sozialausschusses am 20.06.2018 zu TOP 5: Kommunale Pflegeplanung

Thomas Ristow (DIE LINKE)

Für die DIE LINKE. Kerpen ist die Entscheidung des Kreises für eine nicht verbindliche kommunale Pflegeplanung unverständlich. Denn eine verbindliche kommunale Pflegeplanung hätte der Kommune eine eingeschränkte Steuerungsmöglichkeit eröffnet, indem nur solche Projekte gefördert würden, die auch der Bedarfsplanung entsprechen.

(1) Die Fraktion beantragt: Die Stadt setzt sich beim Kreis für eine entsprechende Änderung der Pflegeplanung ein.

Das Ziel, ein selbstbestimmtes Leben im Alter für alle in Kerpen zu ermöglichen und den Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu verhindern bzw. hinauszuzögern, braucht eine entsprechende Infrastruktur vor Ort, damit jederzeit für alle Situationen eine gute Versorgung für Hilfe- und Pflegebedürftige wohnortnah verfügbar ist. Dies kann aber nicht dem Markt überlassen werden. Wie der Bericht zeigt, gibt es erhebliche Defizite vor allem im Bereich des vorstationären und teilstationären Pflegeangebots in den Stadtteilen. Die Ausdifferenzierung der Wohnformen für alte Menschen ist nach wie vor unterkomplex. Es fehlt an Pflegefachkräften und Hausärzten.

Die Stadt steht hier zwar nur in der Planungsverantwortung, aber nicht ganz ohne Instrumente da. Um Abhilfe beim drohenden Ärztemangel zu schaffen, hat die Fraktion die Möglichkeit aufgezeigt, ein Medizinisches Versorgungszentrum in Eigenregie zu entwickeln, vgl. Drs. 231.18. Eine andere Möglichkeit, zu handeln, hat die Stadt selbst aufgezeigt: Im „Konzept für das Leben in Kerpen für Menschen in der zweiten Lebenshälfte“ aus 2010 wird das bundesweit erfolgreiche Bielefelder Modell von Wohnanlagen auch für Kerpen zur Umsetzung empfohlen. Es soll in erster Linie Senior*innen und jüngeren Menschen mit Behinderung selbstbestimmtes Wohnen in Wohnanlagen in ihrem gewohnten Stadtteil in vertrauter Umgebung ermöglichen. Wesentlicher Bestandteil ist eine Pflegestation, die eine 24-stündige medizinische und pflegerische Versorgung sicherstellt, ohne dass eine Betreuungspauschale anfiele. Außerdem ein professionell geführtes Quartierscafé als Treffpunkt/Sozialstation für die Mieter*innen der Anlage und die Nachbarschaft aller Altersstufen im Wohnumfeld. Dies soll dann zur Akquise und als Kristallisationspunkt für ehrenamtliches Engagement im gesamten Stadtteil dienen. Vergeben werden solche Wohnungen an Menschen mit geringem Einkommen. Die Wohnanlagen werden von städtischen Baugesellschaften erstellt. Kerpen hatte damals wohl in 2010 einen Besuch in Bielefeld organisiert. Eine Umsetzung erfolgte bislang nicht. Warum nicht? In Bielefeld selbst wird gerade das 17. Projekt realisiert!

(2) Die Fraktion beantragt: Das Bielefelder Modell wird umgehend in einem Kerpener Stadtteil beispielhaft – u.U. mit der Erftland – umgesetzt, um eine mehrgenerationengerechte Quartiersentwicklung in Kerpen endlich anzugehen.

Die Kommune hat Beratungsangebote vorzuhalten, kommt Lotsenfunktion zu und sie hat die vorhandenen Angebote zu verzahnen und auszuweiten. In der Beschlussvorlage (Drs. 176.18, S. 8) heißt es im Fazit der Stellungnahme der Verwaltung zum Pflegebericht:

„Weitere Schritte zur Verbesserung der Lage von Pflegebedürftigen in der Kolpingstadt Kerpen können:

  • die Schaffung einer Wohnberatung,
  • eine Anpassung des Stellenumfangs der Pflegeberatung an den steigenden Bedarf sowie
  • die Ausweitung des Kerpener Netzwerks 55plus auf weitere Stadtteile

sein.“

Allerdings führt die Verwaltung die Zwänge der Haushaltskonsolidierung an und empfiehlt, diese Verbesserung bis zum Ende der Haushaltssicherung zurückzustellen. Dementsprechend wird auch das bestehende Beratungsangebot qualitativ und quantitativ eingeschränkt bleiben müssen (vgl. Drs. 176.18, S. 6).

Nach dem Verständnis unserer Fraktion sind die in § 71 SGB XII Altenhilfe aufgeführten zu erbringenden Leistungen allerdings keine freiwilligen Leistungen i.e.S., sondern Soll-Leistungen, von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Außerdem sehen wir wegen der jetzt schon bestehenden Engpässe in der Beratung, keinen Spielraum, die Leistungen weiterhin einzuschränken.

(3) Daher beantragen wir, nunmehr das bestehende Angebot sofort entsprechend bedarfsgerecht auszuweiten durch die Schaffung einer Wohnberatung, die Aufstockung der Pflegeberatung und den Ausbau des Kerpener Netzwerks 55plus in die übrigen Stadtteile.