Haushaltsrede Linksfraktion Kerpen 2017: Investitionen in die Zukunft Kerpens statt blindes Sparen!

Annetta Ristw

Sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen, Herr Bürgermeister, liebe Gäste!

Wir stimmen dem vorgelegten Haushalt insgesamt nicht zu.

Die Maßnahmen zur Haushaltssicherung, die in 2017 realisiert werden sollen, sind nicht rentabel.

Auf Seite 58 des Entwurfs des Haushaltbuchs 2017 heißt es: „Maßnahmen sollten nur dann in den Haushaltsplan eingestellt werden, wenn sie sich längstens mittelfristig als rentabel darstellen lassen.“

Wir nehmen diesen Satz ernst. Wir wollen mit klugen Investitionen in die Zukunft unserer Stadt und zum Wohle der Einwohner*innen aus eigener Kraft Einnahmen für die Stadt schaffen. Entsprechende Anträge haben wir gestellt:

1. Das transparente Bieterverfahren zur Gründung von Stadtwerken wurde auch gegen unseren Willen ausgesetzt. Stadtwerke können nun erst in 2021 den Haushalt in Millionenhöhe entlasten und nicht schon ab 2019, wie ursprünglich geplant.

2. Wir haben in 2016 und heute wieder beantragt: Mehr und qualifiziertes Personal für das Zuschuss- und Förderwesen. –. Beispiel: 2010 – 2015 wurden durch Beantragung und Gewährung von Fördermitteln 15 Millionen € erwirtschaftet. Jetzt ist die Abteilung aber unterbesetzt. Mehreinnahmen in Millionenhöhe wären also möglich. Die Entscheidung wurde auf die lange Bank geschoben.

3. Sozialen Wohnungsbau in Eigenregie haben wir beantragt. Wir haben mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung gezeigt, dass sich das rechnet. Über 3 Millionen € können für die Stadt verbucht werden, wenn sie – in unserem Beispiel - für 192 Personen Wohnungen auf eigenem Boden selber baut und die öffentlichen Fördermittel nutzt. Die Entscheidung hierüber wurde auf die lange Bank geschoben. Fördermittel sind Geschenke. Sie nicht zu nutzen und privaten Investoren zu überlassen, können wir uns aber nicht leisten.

4. Wir haben beantragt, eine kommunale Baugesellschaft zu gründen. Sie muss – anders als die Erftland - handlungsfähig sein. Die Stadt braucht öffentliche Infrastruktur. Es fehlen KiTas und behindertengerechter und bezahlbarer Wohnraum. Andere Kommunen wie Bedburg und Rommerskirchen haben bereits eine Baugesellschaft gegründet – trotz Haushaltssicherung. Auch diese Entscheidung wurde auf die lange Bank geschoben. Nun überlassen wir die Gewinne aus nötigen Investitionen allein privaten Geschäftsleuten.

5.     Wir haben schon in 2014 eine aktive Bodenmanagementpolitik eingefordert. Bis heute hat sich hier nichts getan. Dass hier Einnahmen in Millionenhöhe möglich sind, zeigt der Kauf des Winterberg-Grundstücks in Horrem: mit einem finanziellen Vorteil von 1,2 Millionen €. – Dies muss aber systematisch gemacht werden und darf nicht länger dem Zufall oder Finanzinvestoren überlassen bleiben. Gewinne aus der Entwicklung von Bauland gehören der Allgemeinheit und müssen verwendet werden für soziale Infrastruktur.

Hierzu gehört auch: Öffentlicher Boden darf nicht länger mehr durch Verkauf privatisiert werden. Er sollte nur nach Erbbaurecht vergeben werden. Hier können wir von der katholischen Kirche lernen, die das seit Jahrhunderten so handhabt.

So leben wir in Kerpen unter unseren Möglichkeiten. Unsere Vorschläge zeigen: Trotz Haushaltssicherung – allen Kerpener*innen ein gutes Leben zu ermöglichen ohne Zukunftsangst, das ist auch in Zeiten der Haushaltssicherung nicht nur nötig, sondern auch möglich. Wir können die Ausstattung, die Lebensqualität unserer Kommune verbessern.

Stattdessen wird nur das Nötigste getan, oder schlimmer noch: Es wird gespart. Denn: Steuererhöhungen, Sparen, Privatisierungen, Kürzungen – das führt in eine Abwärtsspirale.

· Beispiel Erftlagune. Investitionen wie diese sind Investitionen in die Zukunft unserer Kinder. Öffentliche Infrastruktur Privaten zu überlassen oder kaputt zu sparen hinterlässt unseren Kindern eine Stadt, die weniger lebenswert ist. Daher lehnen wir Einsparungen hier ab.

· Beispiel KiTa Gleisdreieck. Das Kindeswohl wird vernachlässigt. Die Standortwahl hat allein ökonomische Gründe. Dies tragen wir nicht mit. KiTas müssen vor Ort erreichbar bleiben: Zentralisierungen lehnen wir ab.

· Beispiel Einsparungen beim Personal. Wiederbesetzungssperre bei der Pflegeberatung, Nicht-Umsetzung von Tarifverträgen zuungunsten der Mitarbeiter*innen bei der KiTa-Leitung oder die Nicht-Einstellung von erforderlichem Personal im Förderwesen schadet den Betroffenen, also hier den Pflegebedürftigen, den Kindern oder dem Personal und dem Stadtsäckel selbst.

So kann man keinen Haushalt konsolidieren.

Was als Sparsamkeit angepriesen wird, ist Dogma und Ideologie. Und es nutzt weder unseren Bürger*innen noch unserer Kommune. Hören Sie also auf, bloß kurzsichtig zu sparen – statt selbst Gewinne zu erwirtschaften.

Daher fordern wir noch einmal auf:

Machen Sie endlich einen Neustart in den sozialen Wohnungsbau. Beginnen Sie mit der Rekommunalisierung der städtischen Versorgung: Transparent in einem offenen Verfahren und aus eigener Kraft.

Ein gutes Leben für alle in Kerpen ist möglich!