Zum Stand der Dinge: Ausbau der städtischen Netzgellschaften zu Stadwerken

Thomas Ristow

Die Linksfraktion lehnt die Gründung von Stadtwerken mit RWE in der beschlossenen Form ab und erinnert an das, was eigentlich – von allen Fraktionen – ursprünglich gewollt war: 

Es sollten Stadtwerke gegründet werden mit einem strategischen und potenten Partner:[1]

  1. in einem transparenten Ausschreibungs- bzw. Bieterverfahren.
  2. unter Ausnutzung der Möglichkeit eines steuerlichen Querverbunds, um Verluste der Bäder mit den Gewinnen aus den Stadtwerken verrechnen zu können.
  3. mit der Möglichkeit, öffentliche Aufgabenbereiche wie Bauhof, ÖPNV, Bäder, Straßenbeleuchtung, Abfallwirtschaft als Sparten in die Stadtwerke anzugliedern.
  4. um Einnahmen für den Haushalt zu generieren.
  5. um nachhaltig und eigenständig als kommunaler Versorger handeln zu können – insbesondere wurde Wert darauf gelegt, dass die Stadt eigene Handlungsspielräume gewinnt. 

Leider entspricht die Wirklichkeit nicht diesen Erwartungen, wenn nun mit RWE die bestehenden Netzwerke zu Stadtwerken ausgebaut werden sollen.

  1. Das mit dem Moratorium zur Aussetzung des ursprünglichen Bieterverfahrens nun gewählte Verfahren, Exklusiv-Verhandlungen mit RWE zum Ausbau der Netzgesellschaften zu Stadtwerken zu führen, ist intransparent – hinter verschlossenen Türen wurde und wird verhandelt, alles unterliegt der Geheimhaltung.
  2. Der gewünschte Querverbund ist unserer Kenntnis nach frühestens in zehn Jahren möglich, da eine steuerliche Verrechnung vorher nicht machbar ist: So fallen wegen des hohen Kaufpreises im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich für das Wassernetz sowie im geringeren Maße für weitere Anlagen hohe Abschreibungen an und damit keine Körperschaftssteuer, die verrechnet werden könnte. Hinzu kommt, dass beim Pachtmodell ein steuerlicher Querverbund ausgeschlossen ist.
  3. Von der Angliederung weiterer Sparten wie Bauhof, ÖPNV etc. ist gar nicht mehr die Rede.
  4. Den voraussichtlichen Einnahmen stehen nun aber exorbitante Investitionskosten, vor allem für den Erwerb des Wassernetzes, gegenüber. Angesichts der Haushaltssituation müssen diese nun wohl bei den neuen Stadtwerken geparkt werden. Dies wäre im Bieterverfahren nicht notwendig gewesen. - Der Erwerb der Wassersparte wäre aber auch später immer noch möglich, etwa in 2032 beim Auslaufen der Wasserkonzession – ein Einkauf hätte daher später erfolgen sollen angesichts der Haushaltslage. - Zudem: Es werden nur das Wassernetz, nicht aber die Wasserproduktionsanlagen zum Kauf angeboten, das operative Geschäft mit der Wasserversorgung soll u.E. bei innogy verbleiben. Denn: Wie hoch die Gewinnchancen im Wassergeschäft sind, wird von innogy nicht mitgeteilt. Die Stadt erhält einen fiktiv festgelegten Anteil in Form einer Rente an diesem Gewinn, die sicher höher sein könnte. Aber innogy hüllt sich in Schweigen.[2]
  5. Die Stadtwerke sollen nicht das operative Geschäft der Wassersparte betreiben und im Bereich Strom und Gas erst zu einem späteren Zeitpunkt einsteigen. Es gibt u.E. keinen Zugriff auf den freien Strommarkt, um Energie nach ökologischen oder preislichen Gesichtspunkten einzukaufen. Verkauft werden muss daher wohl zunächst etwa Strom aus Braunkohle-Kraftwerken und zu Preisen, die RWE festlegt. Dies ist für die Bürger*innen wenig lukrativ. Zudem steht unserer Kenntnis nach zu befürchten, dass die Entscheidungen im Aufsichtsrat, selbst wenn die Stadt mehrheitliche Anteile hält, nur mit Einwilligung von RWE erfolgen – von einer Mitsprache einer Bürger-Energiegenossenschaft, um auch Transparenz zu erreichen und das Handeln des mächtigen Partners innogy einzudämmen, ist gar nicht erst die Rede. 

Die Linksfraktion hat darüber hinaus die Forderungen nach Transparenz, Bürgernähe und sozialer Einstellung erhoben. Die Anträge hierzu, Stromsperren-Moratorium und Sozialtarife für Bezug von Strom, Gas und Wasser für Menschen mit geringem Einkommen; Kundenbilanz und Beteiligung an Benchmarking-Projekten, stehen noch zur Abstimmung bzw. müssen erneut in Erinnerung gebracht werden, nämlich: Inwieweit im Rahmen der Gründung von Stadtwerken die Beteiligung der Einwohnerschaft der Stadt Kerpen in Form einer Energiegenossenschaft möglich gemacht werden kann.[3] Dieser Punkt ist uns besonders wichtig, um Bürger*innen, die mit Erneuerbare-Energie-Anlagen etwa auch via Mieterstrom-Erzeugung Energie produzieren, im Aufsichtsrat ihres städtischen Versorgers die Mit-Kontrolle über die Stadtwerke ermöglichen zu können. 

Unsere Nachfrage, wie verhindert werden kann, dass die künftigen Stadtwerke nicht zum Spielball von Spekulationen global agierender Investoren werden können, weil RWE ihre Beteiligung an innogy nur als strategische sieht und Verkaufsgerüchte mehrfach auftauchten, ist ebenfalls bis heute nicht geklärt. 

Fazit: Die Stadt macht sicher Gewinn. Aber: Statt Handlungsspielräume zu gewinnen und als kommunaler Versorger eigenständig handeln zu können, hat sich mit diesem Verfahren des Ausbaus der Netzgesellschaften zu Stadtwerken die Stadt ohne Not an die RWE verkauft. Diese bestimmt nun, wo es lang geht bei den Stadtwerken und streicht die Gewinne ein. Der Stadt bekommt, was übrig bleibt.[4] Außerdem hat sie hohe Investitionskosten zu bewältigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Kommunalaufsicht hier einschreitet. 

Eine erfolgreiche Rekommunalisierung sieht anders aus.  

 

[1] Vgl. Drs. 323.14.

[2] Vgl. Antwort auf unsere Anfrage hierzu, Drs. 319.17.

[3] Beschlossen ebenfalls am 09.09.2017 aufgrund unseres Ergänzungsantrags.

[4] Siehe öffentliche Beantwortung unserer Anfragen zum Erwerb des Wassernetzes.