Linksfraktion Kerpen lehnt den Haushaltsentwurf 2018 ab: Unnötige Versäumnisse der Ratsmehrheit und des Bürgermeisters müssen durch weitere Einsparungen zu Lasten der Kerpener*innen ausgeglichen werden

Annetta Ristow (DIE LINKE. Kerpen)

Die Linksfraktion ist der festen Überzeugung, dass die Stadt einen wichtigen eigenen Beitrag dazu leisten kann, einen Weg aus der finanziellen Misere zu finden. Nicht mit ideenlosem Sparen, Kürzen, Privatisieren, Erhöhungen kommunaler Steuern, Gebühren und Abgaben, sondern mit klugen Investitionen in die Zukunft unserer Stadt, die Gewinne für die Stadt abwerfen, zum Wohle aller Einwohner*innen.

Wir haben dazu seit 2014 immer wieder Vorschläge gemacht. Einige wurden nicht beachtet oder werden nun zögerlich und verspätet oder nur halbherzig umgesetzt:

  1. Die von uns Anfang 2016 sowie Anfang 2017 erneut eingebrachte Forderung der Gründung einer kommunalen Bau-/Planungs-/Infrastruktur-/Immobiliengesellschaft wird nun von der Verwaltung aufgegriffen und soll nicht nur „eine bessere und attraktivere Erfüllung der kommunalen Aufgaben der sozialen Daseinsfürsorge ermöglichen“, sondern auch zur Entlastung des Haushalts beitragen. Wir meinen: Warum nicht gleich so? Warum fast zwei Jahre damit warten?
  2. So soll auch der Personalmangel im Dezernat III endlich beseitigt werden, um die vor uns liegenden Großbauprojekte überhaupt angehen zu können. Denn derzeit reichen schon kleinste Störungen, um die Arbeit des Dezernats zu lähmen. Auch hier haben wir Anträge mehrfach und vergeblich eingereicht. Vor allem in 2016 und Anfang 2017, um das Fördermittelmanagement endlich zu professionalisieren durch Einstellung von bis zu zwei Angestellten, um so zur Entlastung der Stadtkasse mehr Fördermittel abrufen zu können. Dazu bedurfte es aber erst einer an sich – angesichts der insgesamt  vorher schon bekannten und nicht überraschenden Ergebnisse – überflüssigen ca. 150.000 € teuren Untersuchung, um sich die Notwendigkeit hierzu nun von Dritten bestätigen zu lassen. Zu bedauern ist, dass in der Zwischenzeit nur behelfsmäßig Fördermittel abgerufen werden konnten. Wieviel mehr hätte eine rechtzeitige Professionalisierung der Stadtkasse an Entlastung bringen können! Die Beraterfirma ist eindeutig in ihrer Expertise. So müssen bislang wegen Personalmangels etwa lukrative Fördermittel der EU völlig außer Acht gelassen werden.
  3. Auch die von uns seit November 2015 geforderte Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus in Kerpen, möglichst in Eigenregie, kommt nicht voran. Obwohl uns die Verwaltung bekanntermaßen bestätigt hat, dass dies zum Nutzen der Stadtkasse und grundsätzlich wirtschaftlich wäre. Vor allem der auf unseren Antrag hin beschlossene Bau von Wohnungen für Geflüchtete startet erst verspätet, da zunächst versucht wurde, mit der Erftland einen ungeeigneten Akteur zu beauftragen. Man ließ wertvolle Zeit verstreichen, statt sofort in Eigenregie zu starten.
  4. Ebenso wird das von uns schon am 18.12.2014 beantragte rundum zu erneuernde Bodenmanagement-Konzept nach dem Vorbild von Kommunen wie Bocholt erst 2018 endgültig festgelegt sein. Wiederum wurde wertvolle Zeit und Einnahmen in Höhe von mindestens 1 Mio. € p.a. versäumt. Und es ist längst nicht ausgemacht, ob nicht nur finanzielle Vorteile für die Stadt möglich sind, sondern eben auch der von uns damit beabsichtigte Bau von ausreichend neuem und erschwinglichem Mietraum für Menschen mit niedrigem Einkommen sowie Sozialleistungsberechtigten.
  5. Die Stadtwerke gehen aus den bekannten Gründen verspätet und mit vermeidbarem Risiko behaftet an den Start, weil die Ratsmehrheit partout innogy SE bzw. RWE das Geschäft machen lassen will und die Stadt sich lediglich mit einem aus unserer Sicht unangemessen niedrigem Pachtzins zufrieden geben soll. Statt in einem transparenten Verfahren wurde in Exklusivverhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein umfangreiches und hochkomplexes Vertragswerk verhandelt, dessen Für und Wider auch nicht öffentlich diskutiert werden konnte. Unnötige Kosten verursachte die Einschaltung weiterer Beteiligter, obwohl das Bieterverfahren kurz vor dem Abschluss stand. Hinzu kommt ein Verlust in Millionenhöhe wegen des verspäteten Starts der „Stadtwerke“. Rekommunalisierung – das ist eine Herzensangelegenheit von uns. Aber eine erfolgreiche Rekommunalisierung sieht anders aus.

Kerpen kann sich als „relativ finanzschwache Kommune“ ein solches Vorgehen gar nicht erlauben und auch nicht ihren Einwohner*innen zumuten. Wichtige Zeit wurde vertan, um die finanzielle Situation zu verbessern. Dies bleibt nicht folgenlos. Um dies auszugleichen, sind ab 2018 weitere Erhöhungen von Steuern, Gebühren, Abgaben sowie Privatisierungen und Verschlechterung des Dienstleistungsangebots der Stadt vom Bürgermeister vorgesehen. Allen voran die vorzeitige Anhebung der Grundsteuer B oder auch die Einschränkung der Tätigkeit des Hauses für Kunst und Geschichte.

Dies trifft alle Einwohner*innen Kerpens, nicht nur die Reichen und Vermögenden. Und es wäre nicht nötig gewesen, wenn die oben genannten Projekte wie von uns beantragt rechtzeitig und konsequenter angegangen worden wären.

Die Linksfraktion lehnt daher den Haushaltsentwurf 2018 ab.