Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Sitzung des Sozialausschusses am 12.11.2024 zu TOP 5: Wohnkostenlücke auch im SGB-XII-Bezug?

Annetta Ristow

Die Stadtverwaltung ist bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB XII verpflichtet gemäß § 35 SGB XII eine Prüfung auf Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft durchzuführen. Die Linksfraktion bittet daher um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Gibt es in Kerpen in 2023 im Kreis der Empfänger:innen von Leistungen nach SGB XII auch Fälle der Nicht-Anerkennung der vollen Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung?
  2. Wenn ja:

(a) Wie viele SGB-XII-Haushalte waren in 2023 in Kerpen einer Wohnkostenlücke, getrennt nach Miete und Heizkosten, betroffen und welchem Prozentsatz entspricht dies auf der Basis aller SGB-XII-Haushalte in Kerpen?

(b)Wie hoch ist der durchschnittliche Betrag in Euro und in Prozent zu den tatsächlichen Kosten, den sie in 2023 selbst bezahlen mussten?

Begründung: Bei dem von den Jobcenter durchzuführenden Verfahren der Bearbeitung von beantragten Leistungen nach SGB II wird ähnlich verfahren, vgl. § 22 SGB II. Hier kommt es bundesweit, aber auch im Rhein-Erft-Kreis dazu, dass in Folge dieser Prüfung viele Bürgergeld-Empfänger:innen gezwungen sind bei den Kosten für die Unterkunft einen Anteil selbst zu bezahlen, weil das Jobcenter die Kosten für die Miete nicht in voller Höhe anerkennt. Diese Wohnkostenlücke wird dann aus dem übrigen Regelbedarf bestritten und fehlt dann für Essen, Kleidung oder Bildung. Im Rhein-Erft-Kreis sind 1353 SGB-II-Haushalte von der Wohnkostenlücke betroffen Sie müssen durchschnittlich 14,6 % ihrer tatsächlichen Miet-und Heizkosten aus dem Regelbedarf entrichten. Im Schnitt sind das 111,65 €/Monat pro Haushalt und im Jahr 1.812.312 € für alle betroffenen Haushalte insgesamt im Rhein-Erft-Kreis.[1]

Die Zahlen für Kerpen konnte die Verwaltung bislang nicht vorlegen, siehe unsere Anfrage unter TOP 9.5 der heutigen Sitzung bzw. Drs.-Nr. 529.24. Sie lassen sich aber vorab entsprechend schätzen auf der Basis der Zahlen für den Rhein-Erft-Kreis. Die SGB-II-Haushalte in Kerpen setzen sich wie folgt zusammen: 1206 Single-Bedarfsgemeinschaften, 509 Alleinerziehende-Bedarfsgemeinschaften, 1005 Bedarfsgemeinschaften mit mindestens 1 Kind und damit zu erschließen 307 Partner-Bedarfsgemeinschaften ohne Kind.[2] Erwartbar wäre demnach: Von den Single-Bedarfsgemeinschaften in Kerpen werden vermutlich 109 von einer Wohnkostenlücke betroffen sein, von den Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften vermutlich 51, von den Bedarfsgemeinschaften mit mindestens 1 Kind vermutlich 90 und von den Partner-Bedarfsgemeinschaften ohne Kind vermutlich 34. Und insgesamt ist zu erwarten, dass die Betroffenen in Kerpen im Jahr über 300.000 € sich vom Mund absparen müssen, da sie hier keinen angemessenen und bezahlbaren Wohnraum finden können.

Ich bitte zugleich um schriftliche Beantwortung der Anfrage und ggf. Behandlung unter TOP 5.

 


[1] Betroffen sind davon 621 Single-Bedarfsgemeinschaften, die im Schnitt 86,17 €/Monat zuzahlen müssen, 303 Alleinerziehende-Bedarfsgemeinschaften, die im Schnitt 131,06 € zuzahlen müssen, 528 Bedarfsgemeinschaften mit mindestens 1 Kind, die im Schnitt 140,93 € zuzahlen müssen, und 204 Partner-Bedarfsgemeinschaften ohne Kind, die im Schnitt 113,25 € zuzahlen müssen. Vgl. BT.-Drs. 20/12047

[2] Vgl. hierzu auch Drs-Nr. 206/24 samt Anhängen zu den Zahlen der Bedarfsgemeinschaften in Kerpen, vorgetragen vom Jobcenter in der Sitzung des Sozialausschusses vom 13.06.2024 unter TOP 5.